Wenn Qualitätsjournalisten die Nazi-Keule schwingen

es mag ja alles stimmen, was Sie zusammen getragen haben - ich will das jetzt nicht nachpüfen ...

Mit diesen Worten beginnt ein an mich gerichtetes Schreiben eines "Qualitätsjournalisten".

"Qualitätsjournalist" deshalb, weil sich die Person mir gegenüber in einem späteren Schreiben versehentlich als Freier Journalist und Mitglied im Deutschen Medienverband zu erkennen gab.

Genau dieser "Deutsche Medienverband (DMV)" ermutigt seine Mitglieder, ihre Kompetenz als Qualitätsjournalist zu zeigen.

Dabei machte mich schon die Eingangsphrase stutzig, denn die Formulierung es mag ja alles stimmen, ... folgt dem "Ja, aber-Nazi"-Schema, über das bereits vor 5 Jahren ein Buch geschrieben wurde:
"'Ich bin ja kein Nazi, aber …': - mit Vorurteilen aufräumen" von Tobias Schindegger, BookRix 2015, ASIN: B015CAU7L4.

Die Ansage es mag ja alles stimmen, ... gehört zum "Relativismus"-Konzept der "Neuen Rechten".
Damit kann man wirklich alles relativieren, zur Bedeutungslosigkeit verkleinern und verbal sogar ungeschehen machen.
Ein Beispiel dafür sind Aussagen zum Holocaust, um diesen zu verharmlosen.

Zurück zum "Qualitätsjournalisten", der bereits am Ende seines ersten Satzes zur Sache kommt und sagt:
mit dem Schwingen der Nazi - Keule diskreditieren Sie sich jedoch völlig.

Leider behalten Leute, die solche Anschuldigungen erheben, die Hintergründe möglichst für sich und ich musste in der Sache mehrfach nachfragen. So erfuhr ich, dass ich Herrn Szpyt angeblich in die Nähe von Nazi-Sympathisanten rücken und sogar von einer rechten Gesinnung Adam Szpyts schreiben würde.

Ich versuche, es in deutlichen Worten zu sagen: Ich habe nirgendwo davon Kenntnis erlangt, dass irgend jemand Herrn Szpyt auch nur ansatzweise eine rechte Gesinnung unterstellt. Auch ich tue das selbstverständlich nicht.

Nach wiederholtem Nachfragen nannte mir der "Qualitätsjournalist" die Aussage, die seine Unterstellung belegen sollte:
Eine Vorgehensweise, wie sie typisch ist für das politisch rechte Lager und deren bürgerliche "Ja, aber - Nazi"-Sympathisanten.
Mit sowas feiert eine angebliche "Alternative für Deutschland" erschreckende Erfolge und als deutscher Feldversuch im großen Stile hat es vormals über 65 Millionen Menschen das Leben gekostet.

Diese Aussage bezieht sich nicht auf die Person des Herrn Szpyt, dessen Name 13 Sätze (!) weiter oben steht, sondern auf einen Stammtisch-kompatiblen Populismus.

Herrn Szpyt kritisiere ich wegen der wiederholten Verwendung des "Kartell"-Begriffes und ich sage, dass er damit Ängste bedient, die in Deutschland historisch stark ausgeprägt sind.

Hier kommen wir zu den "Neuen Rechten", die sich aus meiner Sicht dadurch auszeichnen, dass sie oft nicht verstehen, was mit "Neue Rechte" gemeint ist und obendrein auffällige Defizite in deutscher Geschichte aufweisen.

Deswegen hier ein wenig Information:
Meine Überleitung vom "Kartell"-Begriff zu "deutschen Ängsten" ist historisch begründet durch die sog. "Kartellbereinigung" im 3. Reich und der damit verbundenen Auflösung von etwa 90 % aller deutschen Kartelle. Diese Kartelle wurden damals aufgelöst, damit die Nationalsozialisten eigene Kartelle installieren konnten. Siehe dazu auch: Holm A. Leonhardt: Kartelltheorie und Internationale Beziehungen. Theoriegeschichtliche Studien, Hildesheim 2013.

Es ist Herr Szpyt selbst, der die Bezüge zum nationalsozialistisch vorbelasteten Begriff "Kartell" herstellt und obendrein von der Geschichte des jüdischen Kaufmanns erzählt, der ein Schicksal erleiden musste, wie Herr Szpyt angeblich selbst in heutiger Zeit.

Das Herstellen solcher Bezüge und die Selbst-Inszenierung als Opfer ist seit 2013 traurige Wirklichkeit in der deutschen Politik und auf genau dieser Basis stelle ich den Bezug zur "Alternative für Deutschland" her.

Schlussendlich verlangte der "Qualitätsjournalist" von mir, etwas zu belegen, was definitiv nicht "da" steht.
Meine konkreten Nachfragen dazu blieben unbeantwortet und ich komme deswegen zu dem Schluss, dass es kein Anderer als der "Qualitätsjournalist" selbst ist, der die Nazi-Keule schwingt.

Bleibt zu hoffen, dass er sich um etwas kümmert, dass er hoffentlich besser beherrscht:
Die von ihm betriebene Webseite eines Kleintierzüchtervereins im schönen Badener Land.


LG Köln, 28.05.2008 - 28 O 157/08 zu: Volltextveröffentlichungen

Mit einem lapidaren Verweis auf das genannte Urteil (inkl. Neu-Rechte-typischer Rechtschreibfehler) wollte mir der "Qualitätsjournalist" ein Totschlag-Argument präsentieren.

Leider behielt er für sich, was es mit diesem Urteil auf sich hat und so entstand im Rahmen eines umfangreichen Schriftwechsels der Eindruck, dass der "Qualitätsjournalist" selbst nicht versteht, was mit diesem Urteil gesagt wird.

Deswegen gibt's hier Informatives zum besagten Urteil:

Der "Qualitätsjournalist" wollte mir "fachlich" weis machen, dass ich keine Mail-Aussagen zitieren dürfe. Die Hetzer vom Dienst wollen einem damit vorgaukeln, dass sie jede Form von Hass und Beleidigung schreiben dürften und dass dies durch das besagte Urteil "geschützt" sei.

Wie so oft bei neu-rechten Belehrungen ist das Unsinn und schlicht: falsch.

Zur Aufklärung:
Im konkreten Fall ging es 2008 um die Vollveröffentlichung von E-Mails, in denen ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Veröffentlichung der Inhalte untersagt sei.

Genau das ist bei meinem Anti-Kartell-Matratzen-Artikel nicht der Fall.

Die deutsche Rechtsprechung erlaubt das Zitieren getätigter Aussagen sehr wohl, wenn für die zitierte Person ersichtlich ist, dass (und unter welchen Umständen) die Äußerung veröffentlicht werden soll.

Genau danach richte ich mich :)